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Temu kündigt Einstieg ins europäische Lebensmittelgeschäft an

Temu: Einstieg ins europäische LM-Geschäft?

Temu kündigt Einstieg ins europäische Lebensmittelgeschäft an. Der Handelsverband warnt vor Qualitätsrisiken, Marktmissbrauch und unfairen Praktiken, die gegen EU-Recht verstoßen.

Die chinesische Onlineplattform Temu, bekannt für aggressive Preisstrategien im Non-Food-Segment, plant nun den Einstieg in den europäischen Lebensmittelhandel – auch in Österreich. Mit einem neu aufgestellten EU-Team spricht Temu derzeit gezielt FMCG-Hersteller an, insbesondere kleinere Produzenten in den Bereichen Süßwaren, Kosmetik und Nahrungsergänzungsmittel. Ziel sei es, ein „lokales Angebot“ aufzubauen, das schneller liefern kann und besser auf europäische Geschmäcker eingeht. Laut Temu verspricht man sich davon eine stärkere Differenzierung im umkämpften E-Commerce-Markt. Erste Anbieter wie der deutsche Wurstproduzent Wurstbaron verkaufen bereits erfolgreich auf der Plattform.

Gleichzeitig mehren sich kritische Stimmen: Branchenexperten und Produzenten bezweifeln, dass Temu sein Image als asiatische Billigplattform ablegen und europäische Qualitätsstandards erfüllen kann. Bedenken betreffen unter anderem Produktkopien, mangelnde Deklarationen und intransparente Lieferketten. Auch der österreichische Handelsverband schlägt Alarm: Geschäftsführer Rainer Will warnt vor einer systemischen Gefährdung der Nahversorgung und kritischer Infrastruktur. Die Erfahrungen mit Temu und vergleichbaren Plattformen zeigten, dass insbesondere Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit oft auf der Strecke bleiben.

Temus Food-Offensive erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Wachstumsziele der chinesischen Regierung: Der Nationale Volkskongress hat eine jährliche Steigerung des grenzüberschreitenden E-Commerce um +10 % beschlossen – Europa gilt seit dem Zollkonflikt mit den USA als primäres Ziel. In China liegt der Onlineanteil am Einzelhandel bereits bei rund 60 %, knapp die Hälfte aller Bestellungen betrifft Lebensmittel. Sollte sich diese Entwicklung auf Europa übertragen, könnte das tiefgreifende Auswirkungen auf lokale Strukturen haben.

Der Handelsverband sieht durch unregulierte Marktplätze wie Temu den fairen Wettbewerb in Gefahr. Während europäische Anbieter hohe Standards bei Umwelt, Tierwohl und Produktsicherheit erfüllen müssen, umgehen Fernost-Plattformen häufig geltende Vorschriften. Millionen falsch deklarierter Pakete entziehen dem Fiskus wichtige Einnahmen und verschärfen Umweltprobleme durch eine steigende Paketflut.

Zur Sicherung der Marktordnung und Chancengleichheit fordert der Handelsverband ein umfassendes Maßnahmenpaket:

National:

  • Einführung einer Plattformhaftung für die korrekte Warendeklaration (inkl. Einfuhrabgaben)

EU-weit:

  • Sofortige Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze
  • Einführung einer Bearbeitungsgebühr auf alle Drittstaaten-Pakete
  • Aufstockung von Personal und Ressourcen für Zollbehörden
  • Temporäre Sperren bei wiederholtem Rechtsbruch durch Plattformen

Das Fazit des Handelsverbands: Der vermeintlich günstige Warenbezug über Plattformen wie Temu könne langfristig teuer werden – für Konsument:innen, Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen. Die EU sei nun gefordert, rasch zu handeln, um europäische Standards und Versorgungsstrukturen nachhaltig zu sichern.

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geschrieben am

09.07.2025